Präsident Recep Tayyip Erdoğan, ein Heuchler, der einerseits gegen Israels Kriegsführung im Gazastreifen wettert und andererseits weiter flott türkische Waren dorthin exportiert und aserbaidschanische Öllieferungen nach Israel über den türkischen Hafen Ceyhan zulässt: Das war Teil der Kampagne der Neuen Wohlfahrtspartei bei den Kommunalwahlen Ende März gegen die Regierungspartei AKP. Dazu wurden auch Fake News gestreut – die Rede war etwa von einer geheimen Flotte, die Israel belieferte – und islamische Geistliche bemüht, die den Handel mit Israel von der Kanzel verdammten. Die Rechnung ging auf, die radikale Opposition legte zu.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan stellt den Warenverkehr mit Israel ein.
AP/Ahmad Al-Rubaye

Der Populist Erdoğan weiß, wie er zu reagieren hat, und stellt nun Exporte und Importe nach Israel, Letztere nicht sehr umfangreich, ein. Dass er das nicht mit der Forderung nach einem Waffenstillstand, sondern nach mehr israelischer Hilfe für den Gazastreifen verknüpft, lässt eine gewisse Flexibilität erkennen, die seinen Kritikern gewiss nicht recht sein wird.

Aber die Adressaten von Erdoğans Botschaft sitzen eben nicht nur in Jerusalem – sondern auch in Washington. Seinen für den 9. Mai geplanten Besuch in den USA hat er verschoben. Der Machtmensch Erdoğan muss wieder einmal sein regionales Gewicht hochjazzen: eine Reaktion darauf, dass ein Sicherheitspakt zwischen den USA und Saudi-Arabien in der Zielgeraden sein soll, der die Saudis auch zum Protektor der Zukunft der Palästinenser machen würde. (Gudrun Harrer, 3.5.2024)