Die Autorin und Künstlerin Stefanie Sargnagel hat lange im Wiener Gemeindebau gewohnt. Seit zwei Jahren besitzt sie eine Eigentumswohnung im 15. Bezirk. So richtig häuslich ist sie aber nie geworden.

Stefanie Sargnagel teilt sich ihre Wohnung mit dem "Hudriwudri", einst kreiert vom großen Manfred Deix.
Lisi Specht

"Ich würde ja viel lieber meine Gemeindewohnung herzeigen. Immerhin habe ich 15 Jahre im Julius-Popp-Hof am Margaretengürtel gewohnt. Das war super. Der Gemeindebau gehört einfach zu Wien – und zu mir. Er hat mich zu der Künstlerin werden lassen, die ich heute bin. Als ich irgendwann mehr verdient habe, hat sich aber schon die Frage gestellt: Steht mir diese Wohnung überhaupt noch zu? 2022 habe ich mir dann – auch auf Anraten meiner Mutter – eine Wohnung gekauft.

Jetzt wohne ich auf circa 50 Quadratmetern in Rudolfsheim-Fünfhaus. Der 15. Bezirk ist perfekt. Ich treffe weniger Hipster auf der Straße als in Neubau oder Mariahilf. Der Gürtel ist trotzdem in der Nähe. Ich habe auch einen kleinen Balkon, den ich aber kaum nutze, weil er dauernd von Tauben vollgeschissen wird. Da muss ich mir noch eine Lösung einfallen lassen.

Der kleine Balkon wird hauptsächlich von den Tauben genutzt.
Lisi Specht

Wohnen wird für mich natürlich immer eine Klassenfrage bleiben. In meiner Kindheit habe ich mich lange dafür geschämt, dass ich nicht einmal ein eigenes Zimmer hatte, während meinen Klassenkollegen riesige Altbauwohnungen gehört haben. Aber es waren eben vor allem bürgerliche Kinder, mit denen ich zur Schule gegangen bin. Was das bedeutet, war mir damals einfach nicht klar, deshalb war das Thema in der Pubertät sehr schambehaftet. Irgendwann habe ich es als Jugendliche durchschaut und umgedreht: Ich habe die anderen dafür geshamt, dass sie so 'gstopft' sind.

Ich habe noch nie wirklich viel Zeit zu Hause verbracht. Früher waren meine Wohnungen eher wie Lager, die ich manchmal zum Übernachten besucht habe. In meinen Zwanzigern war ich viel zu chaotisch, um einen Haushalt zu führen. Und heute? Was mache ich eigentlich, wenn ich daheim bin? Schlafen. Lesen vielleicht. Meistens schaue ich auf mein Handy. Zum Arbeiten muss ich jedenfalls nach draußen. Im Café Weidinger gibt es kein Internet. Das ist gut für die Konzentration. Zu Hause würde ich mich sofort ins Bett legen und prokrastinieren.

"Einrichtungsgegenstände sind mir eher wurscht. Im Lockdown habe ich mir einmal gedacht, ich kaufe mir eine stylishe Couch, die steht jetzt im Wohnzimmer", sagt Stefanie Sargnagel.
Lisi Specht

Einrichtungsgegenstände sind mir eher wurscht. Im Lockdown habe ich mir einmal gedacht, ich kaufe mir eine stylishe Couch, die steht jetzt im Wohnzimmer. Und nach meiner Reise nach Iowa wollte ich mir unbedingt so einen Fernsehsessel zulegen. Das war ein wunderbares Möbelstück: Wenn man einen Hebel unter der Armlehne gedrückt hat, sprang eine Beinablage vor, der Oberkörper sank tief nach hinten, die Beine schwebten leicht über dem Bauch. Leider habe ich bis jetzt nur extrem schiache oder 10.000-Euro-Designerstücke gefunden.

Es fällt mir generell leicht, mich von Dingen zu trennen – außer es waren Geschenke. Ich bin definitiv keine Horterin, die Sachen muss man ja auch putzen.

Stefanie Sargnagel träumt manchmal von Haus und Garten, "so ein chaotisches, linkes Wohnprojekt mit vielen Leuten und acht Pflegekindern". Dass sie aber auch ausreichend praktisch veranlagt ist für ein Haus, bezweifelt sie.
Lisi Specht

Wirklich wichtig sind mir nur ein paar Kunstwerke auf den Wänden. Das meiste davon sind Bilder, Illustrationen und Comiczeichnungen von Künstlerinnen, die mir taugen. Und natürlich: der Hudriwudri – eine Kunstfigur von Deix, die er für die Zigarettenmarke Casablanca entworfen hat. In den Achtziger- und Neunzigerjahren ist dieses Bodybuilderschwein als Aschenbecher in vielen Wiener U-Bahn-Stationen herumgestanden. Heute unvorstellbar. Aber damals war die Stadt auch noch ein bissl grindiger. Jetzt erregt schon der Gelitin-Brunnen in Favoriten die Gemüter, der überhaupt nicht kontrovers, sondern verspielt und lustig ist.

Wenn ich an die Zukunft denke, sehe ich mich schon weiterhin in Wien leben. Manchmal träume ich zwar von Haus und Garten – so ein chaotisches, linkes Wohnprojekt mit vielen Leuten und acht Pflegekindern. Aber um ganz ehrlich zu sein: Ein Haus ist viel Arbeit, und ich bin nicht praktisch veranlagt. In der Umsetzung stelle ich mir diese Kombination also eher schwierig vor. Ich bin schon froh, dass ich es schaffe, meine Wohnung halbwegs instand zu halten." (Protokoll: Anna Wielander, 6.5.2024)