Frank Stella.
Der US-amerikanische Künstler Frank Stella starb im Alter von 87 Jahren.
AP/Thomas Kienzle

"Du siehst, was du siehst", sagte Frank Stella einmal über die Art, wie Kunst zu interpretieren sei. Und so wie Kasimir Malewitschs berühmtes Schwarzes Quadrat auf weißem Grund (1915) als Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg gewertet wurde, standen Frank Stellas "Black Paintings" der 1950er-Jahre als düsterer Kommentar zur Nachkriegszeit. Seine schwarz grundierten Bilder waren mit streng geometrischen Mustern aus zarten weißen Linien durchzogen, die den Betrachter durch den flimmernden optischen Effekt geradezu ins Bild hineinzogen. Mit auf den Nationalsozialismus anspielenden Titeln wie Arbeit macht frei (1958) oder Die Fahne Hoch! (1959) provozierte Stella und machte die New Yorker Kunstwelt nachhaltig auf sich aufmerksam.

Frank Stellas berühmte
Frank Stellas berühmte "Black Paintings" waren unter anderem Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus.
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Zahlreiche Einflüsse

Stella wurde 1936 in Malden, Massachusetts, geboren. Sein an Kunst und Design interessiertes Elternhaus weckte früh Leidenschaft für die Malerei, wenngleich Stella zunächst das Studium der Geschichte einschlug. Von 1954 bis 1958 studierte er an der Eliteuniversität Princeton und belegte nebenher Malkurse. Nach New York zog es Frank Stella nicht nur zum Studium, sondern auch weil er die stilprägenden Künstler der Zeit bewunderte: das Actionpainting Jackson Pollocks, Jasper Johns‘ an abstrakten Mustern und fleckigem Farbauftrag interessierte Pop-Art, aber auch die beruhigende, weiche Farbfeldmalerei Mark Rothkos.

An all diesen Stilen sollte Stella, der zeitlebens die Geschichte der Kunst genauso schätzte wie die Gegenwart, später Anleihe nehmen. "Ich wäre gar nicht erst Künstler geworden, wenn ich die Künstler dieser Generation nicht so sehr gemocht hätte", sagte er. Entdeckt wurde Stella vom Galeristen Leo Castelli. "Ich verbrachte viel Zeit in seiner Galerie. Er erkannte mich wieder, weil ich so unordentlich aussah.“

Frank Stella vor einem Kunstwerk
Im Laufe der Jahrzehnte veränderte Stella mehrfach seine Art, Kunst zu denken und zu gestalten.
AP/Czarek Sokolowski

1961 heiratete er die Kunsthistorikerin und Kritikerin Barbara Rose. Es war auch die Zeit, ab der Stella von den "Black Paintings" abrückte und immer mehr Farbigkeit in sein Werk brachte. Zunächst noch an Minimalismus und Geometrie orientiert, blieb Stella bei einigen wenigen Farben und starken Kontrasten. Später erweiterte er das Spektrum und löste sich völlig von Formalismen und strengen Kompositionen hin zu frei fließenden Formen. Er sprengte damit auch das rechteckige Bildformat. Ab den 1960er-Jahren überraschte Stella immer wieder mit ungleichmäßig gewinkelten, geschwungenen, wilden und schrägen Bildformaten, die er "Shaped Canvases", geformte Leinwände, nannte. Die Malerei schien dadurch ihrem Untergrund enthoben zu sein und wurde immer skulpturaler. Stellas Schritt hin zur Skulptur, die in späteren Jahren immer größere Dimensionen auch im öffentlichen Raum annahm, ergab sich somit organisch aus der Malerei heraus.

Neue Materialien, neue Wege

Spätestens mit seinen Teilnahmen an der Venedig-Biennale im Jahr 1972 und der Documenta 1977 war Stella im Kanon der Kunstgeschichteschreibung aufgekommen. Auch neue Materialien führte der Künstler ein: Statt Öl- oder Acrylfarbe verwendete er häufig Aluminium, worin die Kunstwelt Hintersinn vermutete, was er selbst aber mit dem lakonischen Verweis abtat, dass diese Farben einfach günstiger in der Anschaffung seien. In Sachen Geld stapelte Stella überhaupt tief. Obwohl seine Werke bei späteren Auktionen Millionen einbrachten, habe ihn seine Kunst laut eigenen Aussagen nicht reich gemacht. Heute finden sich seine Arbeiten in zahlreichen Museen und Sammlungen weltweit, in Wien etwa im Mumok.

Stilistisch schlug der Künstler immer wieder neue Wege ein, brach beständig mit Vorherigem oder kehrte zu früheren Ausdrucksformen zurück. Diese wilde, inkonsistente Arbeitsweise brachte ihm immer wieder Kritik aus der Fachwelt ein. Damit könne er leben, sagte er, "die machen ihren Job und ich mache meinen". Breite Anerkennung findet bis heute vor allem Stellas Frühwerk. Das New Yorker Whitney Museum und das Museum of Modern Art widmeten ihm in den letzten Jahren große Retrospektiven. Schon im Jahr 2000 stellte der Künstler laut eigenen Angaben die Malerei krankheitsbedingt ein. Jetzt ist Frank Stella im Alter von 87 Jahren in New York gestorben. (Stefan Weiss, 5.5.2024)