James Simons
James Simons war der beste Beweis dafür, dass Mathematik ganz und gar keine brotlose Kunst ist. Das von ihm hinterlassene Vermögen wird auf 30 Milliarden US-Dollar geschätzt.
AP/Mark Lennihan

Er war der vermutlich "smarteste Milliardär der Welt". So wurde James "Jim" Simons jedenfalls von der Financial Times vor einigen Jahre tituliert. Und da war wohl einiges Wahres dran: Simons, dessen Vermögen zuletzt auf mehr als 30 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde, hat nicht nur ein Mathematikstudium abgeschlossen, sondern war etliche Jahre lang höchst erfolgreich in seiner Disziplin tätig und hat dort Grundlegendes geleistet. Am Freitag ist er mit 86 Jahren in New York City gestorben.

Codeknacker und Mathe-Genius

Nach seinem Doktorat unterrichtete Simons ab 1964 am MIT und an der Harvard University, während er gleichzeitig am Institute for Defense Analyses an der Entschlüsselung sowjetischer Codes arbeitete. Doch 1968 wurde er aus dem Institut entlassen, weil er sich öffentlich gegen den Vietnamkrieg ausgesprochen hatte. In den folgenden zehn Jahren lehrte er Mathematik an der Stony Brook University auf Long Island und wurde Vorstand des mathematischen Instituts.

Während er die Abteilung leitete, gewann er 1975 den höchsten US-Preis für Geometrie. Simons Arbeit über die sogenannten Chern-Simons-Formen (1974) fanden auch Anwendungen in der Physik, etwa in der Stringtheorie oder der Knotentheorie.

Milliardär und Mathematiker
Eines der seltenen Interview von James Simons, in dem er über seine mathematische und seine Investment-Karriere erzählt und verrät, dass seine Lieblingszahl 7 ist und er wohl einen Teil seines Vermögens eingetauscht hätte, um die Riemannsche Vermutung zu lösen.
Numberphile

Details über seine Arbeit als erfolgreicher Codeknacker durfte er nie verraten, weil die Sachen immer noch geheim waren, wie er vor ein paar Jahren in einem seiner raren Interviews erklärte. In dem Gespräch, das den Kollegen von Numberphile damals gelang, hatte Simons auch ein gutes Zitat parat, warum er die Öffentlichkeit aktiv scheute – entlehnt vom Esel Benjamin in Orwells Klassiker Animal Farm: "God gave me a tail to keep off the flies. But I'd rather have had no tail and no flies."

Jährliche Rendite von 66 Prozent

Diese Aussage hat vor allem mit seiner zweiten Karriere zu tun, die sich hauptsächlich an der Wall Street abspielte. Denn mit 38 Jahren verließ Simons die akademische Forschung und begann, mit dem kleinen Vermögen seiner Eltern (der Vater war ein jüdischer Schuhfabrikant) zu spekulieren. Nach rund zwei Jahren versuchte er, den chaotisch anmutenden Preisentwicklungen an der Börse mit Statistik, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Computermodellen beizukommen und Trends herauszulesen – auch diesmal mit Erfolg. Oder besser: mit sehr großem Erfolg.

Simons computergestützter "Renaissance Technology"-Hedgefonds, der zuerst "Monemetrics" hieß, wurde zu einem der ertragreichsten: Sein Medallion-Fonds erzielte laut dem Nachruf in der New York Times jahrzehntelang eine durchschnittliche jährliche Rendite von unfassbaren 66 Prozent.

Steuervermeider und Wohltäter

Simons war aber auch "smart" bei der Steuervermeidung: Im Rahmen der Veröffentlichungen um die Paradise Papers 2017 wurde bekannt, dass er auf Bermuda eine Treuhandgesellschaft namens Lord Jim Trust besessen hatte und dort ungefähr acht Milliarden US-Dollar parkte.

In den letzten Jahren widmete Simons seine Zeit und sein Vermögen zunehmend der Philanthropie – und einem eher unbescheidenen Lebensstil. So kaufte Simons eine Yacht um 100 Millionen Dollar und gab 50 Millionen Dollar für ein Apartment in der Fifth Avenue in Manhattan aus. Als passionierter Kettenraucher weigerte er sich, seine Zigaretten in Büros oder bei Konferenzen auszumachen, und zahlte stattdessen bereitwillig Geldstrafen.

Die Simons Foundation wiederum wurde zu einem der größten privaten Geldgeber für die wissenschaftliche Grundlagenforschung in den USA. 2011 schenkte seine Stiftung der Stony Brook University 150 Millionen Dollar, wobei der größte Teil des Geldes in die medizinische Forschung ging. Es war die größte Schenkung in der Geschichte der State University of New York. Simons kümmerte sich aber auch um die Ausbildung in dem Fach, das ihn zum Milliardär machte: Weil in den USA viele Mathematiklehrer von Google, Facebook und anderen Firmen abgeworben werben, die ihnen viel mehr Geld bieten, stockte er Mathematiklehrern, die in Schulen blieben, das Jahresgehalt um 15.000 US-Dollar auf. (tasch, 14.5.2024)