Manche Zahlen sind so abstrakt, dass sie sich kaum einordnen lassen. So verhält es sich mit den knapp zehn Milliarden Euro, die Österreich in der Corona-Pandemie für Kurzarbeitshilfen ausgegeben hat. Wie viel Geld ist das wirklich? Vielleicht hilft das: Der Betrag würde reichen, um zwei Jahre die gesamte Polizei zu finanzieren oder fast ein Jahr die Kosten fürs Bildungssystem abzudecken.

Umso erstaunlicher, dass erst jetzt, vier Jahre nachdem erstmals Kurzarbeitshilfen ausbezahlt wurden, öffentlich wird, welche Unternehmen wie viel Geld bezogen haben. Die Transparenz hat nicht die Regierung herbeigeführt, sondern ORF-Journalist Martin Thür per Klage. Die neuen Zahlen zeigen, dass große Betriebe viel Geld bekamen – und solche, die stark von Lockdowns betroffen waren. So gab es mehr als 100 Millionen Euro Beihilfen für den stillgelegten Flughafen Wien, 27 Millionen für die Voest, fast 40 Millionen für Magna Steyr und Swarovski.

Szenen aus einer anderen Zeit: Wien während eines Corona-Lockdowns im Frühjahr 2021
imago images/Viennareport

Diese Zahlen fügen sich gut in das Gesamtbild der heimischen Wirtschaftshilfen in der Pandemie ein: Es wurde geklotzt, nicht gekleckert, getreu dem Motto "Koste es, was es wolle". Österreich hat mehr für Corona-Hilfen ausgegeben als alle anderen EU-Staaten, 47 Milliarden insgesamt. Auch bei der Kurzarbeit war man generöser.

Aber unter allen Maßnahmen war sie noch eines der vernünftigeren Instrumente, die Streuverluste waren geringer als bei anderen Beihilfen. In Spitzenzeiten waren drei von zehn Beschäftigten in Kurzarbeit. Wären diese Menschen in Arbeitslosigkeit geschickt worden, der Neustart nach den Lockdowns wäre komplexer geworden.

Mitnahmeeffekte in großem Stil

Aber auch bei der Kurzarbeit wurden Mitnahmeeffekte in großem Stil in Kauf genommen. So haben Unternehmen, die das Geld gar nicht zum Überleben brauchten, von Zuschüssen profitiert. In vielen Fällen wurden Branchen gefördert, in denen es Gewinne gab, Baumärkte – Möbelhändler und der Lebensmittelhandel etwa. Der Rechnungshof attestierte in einer Schätzung Überförderungen in Höhe von 500 Millionen Euro. Somit war Kurzarbeit zu einem Gutteil eine Unternehmensbeihilfe, zumal Beschäftigte Arbeitslosenversicherung zahlen, um beim Jobverlust abgesichert zu sein. Für sie war Kurzarbeitshilfe eine Draufgabe – für Betriebe ein Zuckerl.

Die Frage ist, was daraus folgt. Den Unternehmen ist nichts vorzuwerfen: Wer eine Förderung, die ihm zusteht, nicht abholt, ist ein schlechter Kaufmann. Auch Ideen, das Geld nachträglich über Steuern abzuschöpfen, führen nirgendwohin: Der Staat ist bei Sondersteuern zu Recht zurückhaltend, noch dazu, wenn er selbst die Verwerfungen erzeugt.

Wir sollten die Vorgänge allerdings im Hinterkopf behalten – und etwa dann daran denken, wenn Unternehmensverbände wieder über Unzulänglichkeiten des Standorts klagen. Oder dann, wenn das eintritt, was sich bereits abzeichnet: dass die kommende Regierung wegen der hohen Neuverschuldung ein Sparpaket schnüren wird. Auch Sozialleistungen werden dann auf dem Prüfstand stehen.

Dabei zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahre, dass der Staat in Österreich nicht nur Ärmere absichert, sondern Betrieben in großem Stil unternehmerische Risiken abnahm. Geld gab es nicht nur für Bedürftige. Das macht die Lösung von Verteilungskonflikten nicht einfacher. Es führt aber vielleicht zu einer ehrlicheren Debatte über Gewinner und Verlierer des Systems. (András Szigetvari, 2.5.2024)